18.1.12

Ein Turm im Bier

Zur allgemeinen Erheiterung folgt hier ein uraltes Gedicht unseres unvergessenen
Mit-Gründers und langjährigen Turnierleiters Karl Lerch.
rit

Zwei Schach-Haudegen, siegesbewusst,
blitzten gerade nach Herzenslust
und mit verbissener Kampfesgier
die x-te Partie beim y-ten Bier.

Sie achteten ihrer Umgebung kaum,
vergaßen die Zeit im schachlichen Raum;
Gedanken schwirrten in Dimensionen
verworrener Opfer-Kombinationen.

Doch eines vergaßen sie nicht allhier,
den Durst zu löschen mit schäumendem Bier.

Da geschah es in der x-ten Partie,
-und was dann kam, vergisst man nie-
der eine der Gegner erobert im Sturm
des anderen schwarzen Königs-Turm.

„Komm her alter Rochen, du gehst zu den Sternen!“
Er wollte den Turm vom Brette entfernen;
Doch diesem passierte das Missgeschicke,
im Bierglas zu landen, oh welche Tücke!

Der Turm ist dort munter umhergeschwommen
Und harrte der Dinge, die da noch kommen
Und freut sich des Daseins, bieder und treu,
im frischen hellen Gerstengebräu.

Doch eines passte ihm nicht, oh Graus,
das Bier sog ihm die Schwärze aus.-
Derweilen kreuzten weiter die Degen
Die beiden verbissenen Schach-Strategen.

Als der Kampf vorbei, das Sturmgebraus,
die beiden Strategen sie schnauften aus
vom rauhen Kampfe und suchten Ruh
und wandten sich ganz ihrem Biere zu.

„Wie ist denn das möglich, wer war dieses Schwein,
wie kommt denn der Turm in mein Bier hinein?!“
-so schrie der eine den anderen an-
„Ich hoffe doch nicht, mein lieber Schwan,
dass du dieser Schurke gewesen bist?“

„Ach geh alter Freund, red doch keinen Mist,“
-der andere sprach es mit biederem Grinsen-
„es war doch mein Turm, der ging in die Binsen;
du hattest doch Weiß und nahmst mir den Turm
im Königsflügelflankensturm!“

Die beiden Kämpfer, sie schlossen Frieden,
sie blitzten weiter und waren zufrieden;
im edlen Spiele so ganz versunken -
das geschwärzte Bier wurde auch getrunken.